Kfz-Steuer: Steuerbefreiung einer Zugmaschine gemäß § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG für einen forstwirtschaftlichen Betrieb
Die planmäßige Aufforstung auch kleiner Waldflächen und damit einhergehend deren nachhaltige Nutzung kann eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für einen forstwirtschaftlichen Betrieb begründen. Der für die Kraftfahrzeugsteuer maßgebliche bewertungsrechtliche Begriff des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs setzt weder ein Betreiben mit Gewinnabsicht, noch eine Mindestgröße oder einen M...
Kfz-Steuer: Steuerbefreiung einer Zugmaschine gemäß § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG für einen forstwirtschaftlichen Betrieb
Die planmäßige Aufforstung auch kleiner Waldflächen und damit einhergehend deren nachhaltige Nutzung kann eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für einen forstwirtschaftlichen Betrieb begründen. Der für die Kraftfahrzeugsteuer maßgebliche bewertungsrechtliche Begriff des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs setzt weder ein Betreiben mit Gewinnabsicht, noch eine Mindestgröße oder einen Mindestrohertrag voraus.
Sachverhalt
Der Kläger beantragte im April 2019 für seine Zugmaschine die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG und gab an, das Fahrzeug werde ausschließlich in seinem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb für Holzarbeiten im Wald verwendet (insgesamt knapp 2 ha). Er habe im Lauf der Jahre mehrere Waldparzellen erworben, die in desolatem Zustand gewesen seien. Der Bestand habe nur Kiefern und Fichten umfasst, sodass er mit ca. 1.500 Laubbaum-Pflanzungen in den letzten 5 Jahren versucht habe, den Laubwald-Bestand zu erhöhen. Eine gezielte Abholzung für seinen Eigenbedarf sei nicht erfolgt, lediglich eine Zufallsnutzung, z.B. bei Käferbefall, Sturm oder Trockenheit. Ein jährlicher Holzschlag mit Gewinnerzielungsabsicht sei durch die Bewirtschaftung und Bestandspflege nicht möglich gewesen. Jedoch erfolge durch seine Pflegemaßnahmen ein jährlicher Wertzuwachs. Das beklagte Hauptzollamt (Beklagter) verneinte die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG, weil der Kläger keinen land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unterhalte. Betätigungen, welche lediglich auf die Freizeitgestaltung oder die Pflege von privaten Wald- oder Wiesengrundstücken gerichtet seien, fielen nicht unter die Befreiungsvorschrift. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen
Das Finanzgericht bejahte eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG. Der Kläger unterhalte einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, in dem er die Zugmaschine ausschließlich verwende.
Forstwirtschaftlicher Betrieb nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen
Mangels einer kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Bestimmung des Begriffs „land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb“ sei dieser nach den Vorschriften des Bewertungsrechts auszulegen. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) gehören zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Dieser setze bewertungsrechtlich weder eine Mindestgröße noch ein Betreiben mit Gewinnabsicht voraus, weshalb auch Liebhabereibetriebe als land- oder forstwirtschaftliche Betriebe in Betracht kommen würden. Der Betrieb brauche auch keinen Mindestrohertrag abzuwerfen. Die planmäßige Aufforstung der Waldflächen durch den Kläger und damit einhergehend deren nachhaltige Nutzung begründe das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebes. Die 1,92 ha große Waldfläche des Klägers halte dem Vergleich mit einem Haupterwerbsbetrieb stand, da diese Größe eine spätere, ins Gewicht fallende Holzernte ermögliche.
Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr bei einem aussetzenden Betrieb
Der Kläger nehme entgegen der Ansicht des Beklagten am wirtschaftlichen Verkehr teil, obwohl er keine Holzverkäufe tätige bzw. Holz zum Verkauf anbiete. Durch die Aufforstung und den Aufwuchs erfahre sein Waldbestand einen ständig jährlichen Wertzuwachs. Aufgrund der Eigenarten der Forstwirtschaft seien bei aussetzenden Betrieben häufig viele Jahre keine direkten Nutzungen durch Holzernten möglich. Genauso verhalte es sich bei den Waldflächen des Klägers. Zwar weise der Baumaltbestand des Klägers nach seinen Angaben im Gegensatz zu typischen Bauernwaldungen mehrere Altersklassen aus. Jedoch führe der Kläger aufgrund Trockenheit, Stürme und Schädlingsbefall eine Aufforstung mit jungen Laubbäumen durch, sodass sein Neubestand an Bäumen nun 60 % betrage und somit mit einem aussetzenden Betrieb vergleichbar sei. Durch diese Aufforstung erfahre der Wald des Klägers eine zukünftige, derzeit noch nicht realisierte Holzernte.
Unschädlicher Eigenverbrauch
Es sei nicht schädlich, dass der Kläger die ausgeforsteten kaputten Bäume für den Eigenverbrauch für sich und seine Familie nutze. Denn eine Eigennutzung wirke sich nicht per se negativ auf das Vorhandensein eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aus, wenn sich dessen Bewirtschaftung nicht nur auf Eigennutzungszwecke beschränke. Der Eigenverbrauch des Klägers betreffe Holz, das wegen Pflegemaßnahmen und Fällen kaputter Bäume gewonnen worden sei. Hiebreifes geerntetes Holz habe der Kläger nur für die Herstellung von Latten, die er als Zäune in seinem Wald benötigte, verbraucht. Die Eigennutzung des Klägers stelle somit nicht die jährliche Ernte dar. Die Betätigung des Klägers gehe damit in ihrer Gesamtheit über die Bewirtschaftung zu Eigenbedarfszwecken hinaus. Hierin liege der entscheidende Unterschied zu einem privaten Garten- oder Waldbesitzer, der Erträge nur zum Eigenverbrauch erziele.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 22.12.2020 zum Urteil 2 K 705/20 vom 24.06.2020 (rkr)
BFH: Die Besteuerung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz rechtfertigt keine Minderung des Gewinns aus der Veräußerung des Fahrzeugs
Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes, teilweise privat genutztes Kfz veräußert, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme für die Privatnutzung bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt keine Gewinnkorrektur. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16.06.2020 (Az. VIII R 9/18) entschieden.
Im Streitfall nutzte der Kläger einen Pkw, den er im Jahr 2008 angeschafft und seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte, zu 25 % für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75 % für private Zwecke. Ab dem Jahr 2008 berücksichtigte das Finanzamt (FA) bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers einerseits antragsgemäß AfA für den Pkw. Andererseits erfasste das FA wegen der privaten Nutzung des betrieblichen Pkw auch Betriebseinnahmen in Höhe von 75 % der für das Fahrzeug entstandenen Aufwendungen einschließlich der AfA. Dies führte dazu, dass der steuermindernde Effekt der AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise „neutralisiert“ wurde. Wegen dieses Effektes setzte der Kläger, als er das Fahrzeug 2013 nach vollständiger Abschreibung der Anschaffungskosten verkaufte, lediglich ein Viertel des Verkaufserlöses als Betriebseinnahme an. Das FA war demgegenüber der Meinung, der Kläger müsse den vollen Verkaufserlös versteuern.
Dies hat der BFH als zutreffend bestätigt. Der Veräußerungserlös sei – trotz vorangegangener Besteuerung der Nutzungsentnahme – in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Er sei weder anteilig zu kürzen, noch finde eine gewinnmindernde Korrektur in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA statt. Dies beruhe – so der BFH – darauf, dass die Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens in Form der Nutzungsentnahme und dessen spätere Veräußerung zwei unterschiedliche Vorgänge darstellten, die getrennt zu betrachten seien. Aus dem Gesetz, insbesondere aus § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG, lasse sich kein anderes Ergebnis herleiten. In der Besteuerung des vollständigen Veräußerungserlöses sei auch kein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das objektive Nettoprinzip zu sehen.
Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 46/20 vom 22.10.2020 zum Urteil VIII R 9/18 vom 16.06.2020
Kfz-Steuer: Steuerbefreiung für E-Autos: Bundesrat gibt grünes Licht
Nach dem Bundestag hat am 9. Oktober 2020 auch der Bundesrat die Verlängerung der zehnjährigen Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge gebilligt.
Reine Elektrofahrzeuge, die in der Zeit vom 18. Mai 2011 bis 31. Dezember 2025 erstmals zugelassen wurden, sind damit weiterhin von der Kfz-Steuer befreit. Bisher galt die Befreiung nur für Zulassungen oder Umrüstungen bis Ende 2020. Die Befreiung ...
Kfz-Steuer: Steuerbefreiung für E-Autos: Bundesrat gibt grünes Licht
Nach dem Bundestag hat am 9. Oktober 2020 auch der Bundesrat die Verlängerung der zehnjährigen Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge gebilligt.
Reine Elektrofahrzeuge, die in der Zeit vom 18. Mai 2011 bis 31. Dezember 2025 erstmals zugelassen wurden, sind damit weiterhin von der Kfz-Steuer befreit. Bisher galt die Befreiung nur für Zulassungen oder Umrüstungen bis Ende 2020. Die Befreiung ist bis zum 31. Dezember 2030 befristet, um einen Anreiz für die frühzeitige Anschaffung eines Elektrofahrzeugs zu schaffen.
Staffelung nach CO2-Ausstoß
Für Verbrennungsmotoren orientiert sich die Kfz-Steuer künftig stärker am Schadstoff-Ausstoß der Fahrzeuge. Je nach Höhe der Emissionen steigt sie stufenweise von zwei bis auf vier Euro je Gramm Kohlendioxid pro Kilometer an.
Freibetrag für klimafreundliche Autos
Die Hubraum-Besteuerung bleibt als zweiter Tarif-Baustein unverändert bestehen. Allerdings gilt künftig für emissionsarme Pkw bis zum Schwellenwert von 95 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ein neuer Steuerfreibetrag von 30 Euro. Fällt nur eine Steuer auf den Hubraum an, müssen Autobesitzer auch nur den über 30 Euro hinausgehenden Betrag zahlen. Diese Entlastung gilt für Autos, die ab Mitte Juni 2020 zugelassen wurden und ist bis Ende 2024 befristet. Soweit die Steuervergünstigung bei einem Halterwechsel noch nicht abgelaufen ist, wird sie dem neuen Halter gewährt.
Entlastung für den Mittelstand
Zur Entlastung des Mittelstands entfällt künftig die bisherige Sonderregel für die Besteuerung bestimmter leichter Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen, die sowohl der Personenbeförderung als auch dem Gütertransport dienen – wie zum Beispiel Kasten- oder Pritschenwagen.
Mehr Elektrofahrzeuge und weniger Emissionen bis 2030
Das Gesetz soll einen Beitrag dazu leisten, dass bis zum Jahr 2030 in Deutschland 7 bis 10 Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen sind und die CO2-Emissionen weiter sinken – möglichst um 40 bis 42 Prozent, heißt es in der amtlichen Begründung.
Unterzeichnung – Verkündung – Inkrafttreten
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet. Es soll am Tag darauf in Kraft treten.
Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 09.10.2020
Kfz-Steuer wird ökologischer ausgerichtet
Der Finanzausschuss hat am 16.09.2020 dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (19/20978) zugestimmt. Damit werden Beschlüsse aus dem Klimaschutzprogramm 2030 umgesetzt. In der von der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) geleiteten Sitzung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD für den Entwurf, die Fraktionen von...
Kfz-Steuer wird ökologischer ausgerichtet
Der Finanzausschuss hat am 16.09.2020 dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (19/20978) zugestimmt. Damit werden Beschlüsse aus dem Klimaschutzprogramm 2030 umgesetzt. In der von der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) geleiteten Sitzung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD für den Entwurf, die Fraktionen von AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen lehnten ihn ab. Die Fraktion Die Linke enthielt sich. Zuvor hatten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD einen Änderungsantrag zum Entwurf beschlossen. Ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde abgelehnt.
Der Gesetzentwurf sieht zur Förderung des Umstiegs auf elektrische Antriebe eine Verlängerung der zehnjährigen Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für bis Ende 2025 erstmals zugelassene reine Elektrofahrzeuge vor. Die Steuerbefreiung soll längstens bis 31. Dezember 2030 gelten. Die Förderung der Elektromobilität sei ein wesentlicher Teil, um die Pariser Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen.
Außerdem sollen Autos mit hohem Ausstoß von Kohlendioxid stärker besteuert werden. Um die Nachfrage deutlicher auf Fahrzeuge mit reduziertem Emissionspotenzial zu lenken, ist eine noch stärkere Berücksichtigung der C02-Komponenten durch Einführung eines progressiven C02-Tarifs bei der Kraftfahrzeugsteuer für PKW mit Verbrennungsmotor beabsichtigt. Der progressive Tarif soll signalisieren, "dass höherer Kraftstoffverbrauch künftig nicht erst an der Tankstelle finanziell spürbar wird", heißt es in dem Entwurf.
Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, der Entwurf leiste einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Klimaziele. Die Änderung der Besteuerung gebe ein deutliches Signal zur Ausrichtung von Kauf- und Nutzungsentscheidungen auf ökologische Effekte. Auch die SPD-Fraktion erwartet, dass in Zukunft vermehrt Fahrzeuge angeschafft werden, die weniger CO2 ausstoßen. Der Gesetzentwurf sei auch sozial ausgewogen gestaltet. Bezieher niedriger Einkommen würden nicht finanziell überfordert.
Die AfD-Fraktion bezeichnete den Schritt zur stärkeren Förderung der Elektromobilität als nicht nachvollziehbar. Die Ökobilanz der Batterien von E-Autos sei katastrophal. Die Umstände des Abbaus der dafür notwendigen Rohstoffe seien Raubbau an der Natur. Die Vorschriften bezeichnete die AfD-Fraktion als "Gängelung des Bürgers".
Die FDP-Fraktion erklärte, es sei besser, die Kfz-Steuer ganz abzuschaffen und einen Emissionszertifikatehandel einzuführen. Das Problem der Kraftfahrzeugbesteuerung sei, dass sie nicht beim Energieverbrauch ansetze, sondern beim Verbrauchspotenzial.
Die Fraktion Die Linke nannte die völlige Befreiung von E-Autos von der Steuer einen Fehler. Große und schwere E-Autos hätten einen höheren Stromverbrauch und große Batterien einen größeren Ressourcenverbrauch. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, die Änderungen würden angesichts einer durchschnittlichen Steuererhöhung von 15 Euro keine ökologische Lenkungswirkung entfalten. Kritisiert wurden auch die Steuervorteile für Hybrid-Fahrzeuge, weil viele dieser Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren unterwegs seien.
Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 16.09.2020
Klimaschutz per Kfz-Steuer umstritten
Viel grundsätzliche Kritik an der Kraftfahrzeugsteuer hat es in einer öffentlichen Anhörung zu deren geplanter Reform gegeben, die am 14. September 2020 im Finanzausschuss stattfand. Zur Begutachtung stand ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (19/20978) sowie ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/17794) mit dem Titel “Lenkungswirku...
Klimaschutz per Kfz-Steuer umstritten
Viel grundsätzliche Kritik an der Kraftfahrzeugsteuer hat es in einer öffentlichen Anhörung zu deren geplanter Reform gegeben, die am 14. September 2020 im Finanzausschuss stattfand. Zur Begutachtung stand ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (19/20978) sowie ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/17794) mit dem Titel “Lenkungswirkung zu emissionsarmen und emissionsfreien Autos entfalten – Kfz-Steuer schnellstmöglich reformieren”.
Die Regierung will mit der Novelle Beschlüsse aus ihrem Klimaschutzprogramm 2030 umsetzen. Um den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden, will sie die Kohlendioxid-Emissionen im Verkehrssektor um mindestens 40 bis 42 Prozent verringern. Dabei sollten soziale Belange berücksichtigt, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gewährleistet und bezahlbare Mobilität sichergestellt werden. Dazu soll zum einen die Befreiung von Elektrofahrzeugen von der Kraftfahrzeugsteuer verlängert werden. Zum anderen sollen Autos mit Verbrennungsmotor umso höher besteuert werden, je mehr Kohlendioxid sie ausstoßen, und zwar im Gegensatz zur geltenden Regelung progressiv, das heißt mit steigendem Ausstoß des Klimagases überproportional stark. Die Grünen wollen in ihrem Antrag eine noch stärkere Ausrichtung der Kfz-Steuersätze auf die CO2-Prüfwerte. Außerdem wollen sie die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge als Gutschrift in die Kfz-Steuer integrieren.
In der Anhörung waren sich die Gutachter im Grundsatz einig, dass die Reform der Kraftfahrzeugsteuer nur einen geringen Beitrag zum Ziel eines klimaschonenden Verkehrs leisten kann. Am deutlichsten wurde der Finanzwissenschaftler Fritz Söllner von der Technischen Universität Ilmenau. Er sprach von dem Versuch, "Klimapolitik zu betreiben mit einer Steuer, die dafür grundsätzlich nicht geeignet ist". Denn nicht der Besitz, sondern die Nutzung des Fahrzeugs entscheide, wie viel Kohlendioxid es ausstößt. Auf die Entscheidung, welches Auto jemand anschafft, habe die Kfz-Steuer dagegen kaum Einfluss, "es sei denn, sie ist so hoch, dass sie einem Verbot gleichkäme". Eine wirkliche Klimawirkung könne nur über die Energiesteuer oder die Einbeziehung des Verkehrs in den Zertifikatehandel mit Verschmutzungsrechten erzielt werden, befand Söllner.
Sein Kollege Frank Hechtner von der Universität Erlangen-Nürnberg stimmte dem zwar im Grundsatz zu, aber nicht in der Unbedingtheit. Diverse Studien zeigten, dass bei den Überlegungen der Käufer die Haltungskosten und damit auch die darin enthaltene Kfz-Steuer durchaus eine Rolle spielten. Auch dürfe man diese nicht isoliert betrachten, da ihre Reform nur eine Komponente im umfangreichen Klimapaket der Bundesregierung darstelle. Der Gesetzentwurf leiste "im Rahmen der KfZ-Steuer das, was er leisten kann", urteilte Hechtner.
Isabel Klocke, Leiterin Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler, sprach sich grundsätzlich für die Abschaffung der Kfz-Steuer und stattdessen eine stärkere Nutzung der Energiesteuer zur Förderung des Klimaschutzes aus. Sie erinnerte daran, dass die Kfz-Steuer historisch als Luxussteuer eingeführt worden sei und erst später umweltpolitische Lenkungsfunktionen dazugekommen seien. Heute sei ihre Zielrichtung vergleichbar mit der Energiesteuer, weshalb die Reduzierung auf ein System sinnvoll sei, auch zur Verwaltungsvereinfachung.
Den Verwaltungsaufwand verdeutlichte Thomas Liebel, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ. Über 2.500 Arbeitskräfte seien beim Zoll zur Bearbeitung der Kraftfahrzeugsteuer erforderlich. Änderungen führten, vor allem wenn es dabei zu Fehlern komme, stets "zu einer Masse an Anfragen und Rechtsbehelfsverfahren", die bearbeitet werden müssten. Ausdrücklich begrüßte Liebel, so wie auch andere Sachverständige, die geplante Aufhebung einer Sonderregelung für leichte Nutzfahrzeuge unter 3,5 Tonnen. Diese erfordere derzeit tausende Einzelfallprüfungen, ob das Fahrzeug tatsächlich zu Transportzwecken und nicht zur Personenbeförderung genutzt wird, was zu einer steuerlichen Einstufung als Pkw führt.
Im Großen und Ganzen positiv bewertete Kurt-Christian Scheel, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA), die geplante Reform. Vor dem Hintergrund, dass rund zwei Drittel der Neuwagenkäufe auf gewerbliche Flotten und Autovermieter entfallen, erwartet Scheel durchaus eine "deutliche Anreizwirkung", klimaschonende Fahrzeuge zu kaufen. Denn in diesem Segment werde knapp kalkuliert. Stefan Gerwens, Leiter Verkehr beim ADAC, ergänzte, dass die Höhe der Kfz-Steuer auch Einfluss auf den Restwert eines Fahrzeugs beim Verkauf auf dem Gebrauchtwagenmarkt habe. Bei durchschnittlich 19 Jahren Haltedauer könnten je nach Modell erhebliche Beträge zusammenkommen. Gerwens wie auch Scheel und andere Sachverständige stellten allerdings die nach wie vor vorgesehene Hubraumkomponente bei der Festsetzung der Steuer in Frage. Dieses ursprünglich einzige Kriterium habe keine Lenkungswirkung mehr.
Für den Vorschlag im Antrag der Grünen, anstelle der jetzigen Kaufprämie für Elektrofahrzeuge ein Bonus-Malus-System in die Kfz-Steuer zu integrieren, sprach sich Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, aus. Danach soll es bereits beim Autokauf eine Gutschrift für besonders klimaschonende Modelle geben, für "Spritschlucker" dagegen einen kräftigen Zuschlag. Die aktuell geplante Reform schaffe keine wirklichen Anreize, da die Spreizung der Steuersätze zwischen umweltfreundlichen und umweltschädlichen Modelle zu gering sei. Ein Bonus-Malus-System könne zudem die Ressourcen berücksichtigen, die bereits zur Produktion des Fahrzeugs verbraucht werden.
Ähnlich argumentierte Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland, der die geplante Reform "sehr ambitionslos" nannte. Mit ihr ändere sich für die meisten Autokäufer wenig, erst ab einem Ausstoß von 195 Gramm CO2 pro Kilometer steige die Steuer stärker. Einige europäische Länder hätten bereits mit einer Bonus-Malus-Regelung gute Erfahrungen gemacht. Sie sei sozial gerecht und klimapolitisch wirksam.
Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 14.09.2020
In Zusammenarbeit mit
Steuerberater Dipl.-Kfm.
Michael Schröder
steuerschroeder.de